Kurze Geschichte Portugals V: Die Mauren in Portugal

Als im Jahr 711 die Mauren (Mouros), eine Gruppe aus Berbern (Berberes) und kürzlich zum Islam bekehrten nordafrikanischer Stämme in Gibraltar an Land gingen, so war ihr Ziel nicht Portugal zu erobern, sondern das gesamte westgotische Reich, also die iberische Halbinsel. Die entscheidende Schlacht fand daher auf der spanischen Seite statt, als der westgotische Herrscher Roderich von Tāriq ibn Ziyād bei der Schlacht am Río Guadalete, die gerade einmal eine Woche dauerte, besiegt wurde. Von dort aus gelang es den maurischen Truppen in kürzester Zeit ganz Andalusien einzunehmen, wobei die Mauren auch die in Südportugal eroberten Gebiete Andalusien eingliederten und das neue Reich Al-Garb nannten.
 
Die in Portugal lebenden Völker konnten auch nach der Eroberung durch die Mauren ihre Ländereien behalten, unter der Voraussetzung hierfür Steuern zu bezahlen. Gleichzeitig konnten sowohl Christen (Cristãos) als auch Juden (Judeus) ihren Glauben und ihre religiösen Traditionen beibehalten, was auch dazu führte dass die arabische Eroberung weitgehend toleriert wurde, also nicht zu großen Kämpfen auf portugiesischer Seite führte.

Die Mauren in Portugal
Foto: Herbert Kårlin

Auch die in Portugal weitgehend gesprochenen lateinischen Dialekte wurden von den Mauren nicht verboten, sondern lediglich durch arabische Worte erweitert, was zur mozarabischen Sprache führte, die heute allerdings ausgestorben ist, aber bis zum 12. Jahrhundert die Sprache der christlichen Völker Portugals wurde. Allerdings gab es im damaligen Portugal zwei Schriften, einmal die lateinische, und zum anderen die arabische, die beide für die gleichen Worte benutzt wurden, auch wenn man in der arabischen Schreibweise mehr arabische Worte fand als in den in Lateinisch geschriebenen Texten.
 
Die Mauren haben in Portugal nicht nur das Bewässerungssystem und die von den Römern eingeführten technischen Verfahren verbessert, sondern führten auch Reis, Zitrusfrüchte, Aprikosen, Pfirsiche, Karotten, Safran und andere Früchte, Gemüse und Gewürze in Portugal ein. Nachdem die verbesserten Bewässerungssysteme auch kleinere Gemüsegärten (hortas) ermöglichten, im Gegensatz zu den römischen Systemen, die auf größere Flachen ausgerichtet waren. Noch heute findet man daher im Portugiesischen sehr viele landwirtschaftliche Worte, die ihre Wurzeln im Arabischen haben, zum Beispiel azeite (Olivenöl), açafrão (Safran), cenoura (Karotte), chafariz (Brunnen), albufeira (Lagune), nora (Schöpfrad) und zahlreiche Worte mehr.
 
Während Städte wie Lissabon (Lisboa) oder Silves von den Mauren mit der Zeit zu Handelsstädten ausgebaut wurden, so lag die Verwaltung der maurischen Gebiete in Spanien. Ab dem Jahr 756, unter der Herrschaft von Abd ar-Rahman I. (Abderramão I.) entwickelte sich das Kalifat von Córdoba, wobei sich Córdoba in dieser Zeit zu einer der bedeutendsten Städte weltweit entwickelte, sowohl als Handelsstadt, als Finanzmacht und als kulturelles Zentrum. Im zehnten Jahrhundert fand man in Córdoba auch die bedeutendste arabische Universität jener Epoche.
 
Der Untergang des maurischen Reiches begann dann jedoch bereits ab dem Jahr 1009, als zahlreiche Bürgerkriege einsetzen und das Reich in Taifas (Kleinkönigreiche) zersplittert wurde und die Hauptstädte der zwei größten Taifas nach Sevilla und nach Badajoz verlegt wurden. Die Bürgerkriege dauerten nahezu einhundert Jahre an, was die christlichen, spanischen Volksgruppen stärkte, zumal sich ab 1090, unter der Zeit der Almuravi, eine konservative, arabische Regierung entwickelte, die selbst von den Volksgruppen auf spanischem und portugiesischem Raum nicht gestützt wurde, da diese befürchten mussten sämtliche Privilegien, einschließlich ihrer Sprache, zu verlieren
 
Auch wenn die Mauren dann zwischen 1144 und 1151 noch die drei Taifas Mértola, Silves und Tavira in der südlichen Hälfte Portugals schufen, so konnte dies den Untergang dieser Epoche in Portugal nicht mehr verhindern, denn bereits im Jahr 1139 hatten die Mauren bei der Schlacht von Ourique im Alentejo, vor allem Dank der Tempelritter (cavaleiros do Templo), ihre Macht und ihren Einfluss im zentralen Portugal verloren und 1140 hatte Dom Afonso Henriques, auch als Afonso I (Alfons I.) bekannt, der um diese Zeit die Grenze Portugals bis nach Pombal versetzen konnte, das christliche Reich Portugal ausgerufen und die Mauren waren auf den südlichsten Teil des Landes zurückgedrängt worden, den sie nur wenige Jahre später ebenfalls aufgeben mussten.
 
Selbst wenn man in der Landwirtschaft Portugals und der portugiesischen Sprache noch zahlreiche Zeichen aus der maurischen Zeit findet, so sind kaum noch Monumente aus dieser Epoche erhalten, denn die zahlreichen Wachtürme (atalaias) wurden zerstört und können nur noch auf den Anhöhen Spanien gesehen werden. Auch die religiösen Bauwerke wurden von den Christen weitgehend zerstört, mit der Ausnahme der Kirche Ingreja de Nossa Senhora da Assunção in Mértola, die im Inneren noch die Zeichen der vorhergehenden Moschee trägt. Nur ein weiteres bedeutendes Gebäude in Portugal geht ebenfalls auf die maurische Zeit zurück, nämlich das Castelo dos Mouros (Maurenburg) in Sintra, die auf der höchsten Stelle der Stadt liegt und heute als wichtige touristische Attraktion gilt.
 
Erster Teil: Kurze Geschichte Portugals: Die Vorgeschichte Portugals
Zweiter Teil: Kurze Geschichte Portugals: Die Iberer in Portugal
Dritter Teil: Kurze Geschichte Portugals: Die Römer in Portugal
Vierter Teil: Kurze Geschichte Portugals: Die Barbaren in Portugal
Fünfter Teil: Kurze Geschichte Portugals: Die Mauren erobern Portugal
Sechster Teil: Kurze Geschichte Portugals: Die Reconquista in Portugal