Leiria und der Einfluss der jüdischen Gemeinde

Die Stadt Leiria gehört mit zu den bedeutendsten Städten der Region Centro (Zentralportugal), einer Region in der rund 70 archäologisch interessante Stellen gezählt werden. Wann die Stadt Leiria gegründet wurde, ist bisher allerdings unbekannt, wobei Ausgrabungen und Funde jedoch belegen dass sie zur Zeit der Römer bereits unter dem Namen Collippo existierte. Im Mittelalter wurden die Steine der mittelalterlichen, römischen Ansiedlung benutzt um Teile der Stadt und Teile des Schlosses (Castelo de Leiria) zu bauen, was einige der Inschriften auf den entsprechenden Steinen noch heute belegen können.
 
Die Bedeutung von Leiria innerhalb des römischen Reichs war sehr begrenzt und auch den Sueben (Suevos), die ab dem Jahr 414 nachgewiesen werden können und den Römern folgten, konnten die Stadt noch nicht zum Aufschwung führen. Selbst als die Westgoten dann im Jahr 585 die Stadt einnahmen, änderte sich das ruhige Dasein Leirias kaum. Nach den Westgoten kamen die Mauren nach Leiria, aber auch diese legen wenig Wert auf die Entwicklung der Stadt, da Handelsverbindungen fehlten und die Stadt um diese Zeit auch über keinerlei Verteidigungsanlage verfügte.

Mercado de Sant’Ana in Leiria
Foto: Herbert Kårlin

Bereits im Jahr 1135 eroberte dann Afonso Henriques im Rahmen der Reconquista Leiria, was die Entwicklung der Stadt von Grund auf verändern sollte, obwohl die Mauren noch fünf Jahre lang versuchten die Stadt zurückzuerobern. Alfonso Henriques entschied sich die gesamte Region attraktiver zu machen und hierbei auch die damalige Vormachtstellung von Santarém und Lissabon brechen. Er ließ daher im 12. Jahrhundert eine, mittlerweile nicht mehr vorhandenes, königliche Residenz errichten, das Schloss erbauen, die Stadt befestigen und auch die Kirche Igreja de São Pedro im romanischen Stil erbauen, die allerdings für die Bevölkerung diente, die außerhalb der Stadtmauer wohnten, was auch die Juden einschloss.
 
Bereits zu Beginn der christlichen Zeit wurden dann auch in Leiria die sogenannten Cortes eingeführt, die unter der Leitung des jeweiligen Königs lagen und die Gesellschaft in drei verschiedene Gruppen einteilte. An der Spitze standen die Priester, gefolgt von den Adeligen, und an der letzten Stelle kam das Volk, das sich wiederum in zwei Gruppen spaltete, den Teil, der in der Stadt wohnte, und jenen Teil, der außerhalb der Stadtmauern lebte.
 
Ein Dokument des Jahres 1219 belegt die Ankunft einer jüdischen Gemeinde in Leiria, was sich für die Stadt sehr positiv auswirkte, da diese über sehr fruchtbares Land außerhalb der Stadtmauern verfügte, wie auch über Handelsbeziehungen. Der weitere Zustrom von Juden ließ die Stadt wachsen und brachte Leiria auch einen gewissen Reichtum. 1492 ließ sich Abraham ben Samuel de Ortas in Leiria nieder und richtete dort eine der ersten Druckereien Portugals ein und gab, unter anderem, den Abraham Zacuto's Almanach Perpetuum (Der Almanach perpetuum des Abraham Zacuto ) heraus, der auch eine wichtige Rolle für die Entdeckungen Portugals spielte, da in seinem Werk alle astronomischen Daten gesammelt waren, die die Navigation erleichterte.
 
Wie schon im nahen Coimbra, so gründete die jüdische Gemeinde auch in Leiria eine Synagoge, an der gleichen Stelle an der man heute die Igreja da Misericórdia findet, die auch das International Dialogue Centre (Centro de Diálogo Intercultural) beherbergt. Allerdings sollte die jüdische Gemeinde noch im gleichen Jahrhundert ein Opfer der Verfolgung werden, was auch damit zusammenhing dass jüdische Händler Christen sehr viel Geld geliehen hatten das diese nicht zurückbezahlen wollten. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts schuf die christliche Führungsschicht dann auch ein Inquisationsgericht, was sämtliche Juden im Süden und Zentrum Portugals zur Emigration nach Holland und England zwang. Nur eine kleine Gruppe konnte in die nördlichste Gebirgsgegend Portugals, in Trás-os-Montes, Unterschlupf finden.
 
Im Jahr 1545 wurden Leiria dann die Stadtrechte verliehen, was auch dazu führte dass die neue Stadt zum Bischofssitz wurde und die Kathedrale Sé Catedral de Leiria erhiellt, was auch das Ergebnis hatte dass die Stadt endgültig wuchs, jedoch weiterhin ein bescheidenes Dasein führte, das sich erst in der Neuzeit, mit der technischen Universität (Instituto Politécnico de Leiria) und dem Ankunft des Tourismus zu neuen Höhen entwickelte.
 
Die bedeutendste Sehenswürdigkeit in Leiria ist das im 20. Jahrhundert restaurierte Castelo de Leiria, das unmittelbar nach der Reconquista erbaut wurde und von Dom Dinis zu einem Schloss ausgebaut wurde, jedoch unter Napoleon weitgehend zerstört wurde.
 
Die Sé Catedral de Leiria wurde ab 1559 gebaut, die auch für die damalige Zeit als sehr moderne Kathedrale zu sehen ist und eine Mischung aus den Baustilen der Renaissance und des Klassizismus darstellt.
 
Die Klosterkirche Igreja e Convento de São Francisco sollte im 20. Jahrhundert eigentlich abgerissen werden, wurde dann jedoch gerettet, da man 1992 dort einzigartige Wandmalereien entdeckte und freilegen konnte.
 
Die Kirche Igreja da Misericórdia geht auf das Jahr 1544 zurück und liegt in der Altstadt Leirias und diente im 19. Jahrhundert auch als Hospital. Heute findet man dort das Centro de Diálogo Intercultural der Stadt.
 
Die Kirche Santuário de Nossa Senhora da Encarnação wurde im 16. Jahrhundert auf den Ruinen eines Tempels gebaut und gilt heute als eine der schönsten Barockkirchen der Stadt Leiria.
 
Die Klosterkirche Convento de Santo Agostinho wurde ebenfalls im 16. Jahrhundert erbaut und beheilt auch nach der Restauration im 18. Jahrhundert weiterhin seinen Barockstil. Das angeschlossene Kloster, das 1834 aufgelöst wurde, war lange eine Militärkaserne, kann heute jedoch wieder besucht werden, da es sich in ein städtisches Museum (Museu de Leiria) verwandelte.
 
Das ursprüngliche Kloster mit Klosterkirche Convento da Portela entstand erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts und wird heute, außer für Gottesdienste, vor allem für musikalische Veranstaltungen benutzt.
 
Sehr interessant ist auch die Papiermühle (Moinho do Papel) aus dem 15. Jahrhundert, die, in Form eines Museums, die Papierherstellung jener Epoche dokumentiert und die erste, und einzig erhaltene, Papiermühle Portugals ist.
 
Beim Aufstieg zur Burg kommt man auch am Museu da Imagem em Movimento vorbei, das ganz dem portugiesischen Film gewidmet ist und 1995 anlässlich dem 100. Jubiläum des portugiesischen Films entstanden ist.
 
Das Casa dos Pintores liegt nicht nur im ältesten Teil Leirias, also der Altstadt, sondern es handelt sich hierbei auch um das älteste Bauwerk der Stadt, das noch bis zum 16. Jahrhundert zurückreicht und die Wohnkultur jener Epoche dokumentiert.
 
Das Museu de Leiria, das man heute im Convento de Santo Agostinho findet, bietet dem Besucher die Geschichte der Stadt in Form von Objekten jeder Art, angefangen von Münzen über Kunstgegenstände und Dokumente zur Architektur.
 
Aber auch die industrielle Geschichte der Stadt Leiria wurde erhallten und kann im Museu da Fábrica de Cimentos Maceira-Lis verfolgt werden, auch wenn hierbei die Herstellung von Zement im Vordergrund steht.
 
Wer eines der größten Feste der Gegend erleben will, muss Leiria allerdings zwischen dem 28. April und dem 27. Mai besuchen, und mit einer entsprechenden Menge an Besuchern rechnen,denn zu diesem Jahrmarkt werden in der Stadt mit rund 15.000 festen Einwohnern regelmäßig eine halbe Million an Besuchern erwartet.